Garapur
- Einwohner: (nur Garapur) um 11.000 (32% Menschen, 38% Chirà, 27% Sragon, 3% andere)
- Herrschaft: eine Reshala, kontrolliert von den Hohepriestern der Stadt
- Tempel: alle des Neuen Kultes mehrfach, versteckt auch Alter Kult, zahllose Schreine für Götterkinder und Heilige, in Rashama angeblich noch ein Shamar-Kult, ansonsten mit Sicherheit zahlreiche Sekten.
- Stimmung: (Garapur) nach der Macht greifende Priester, Dschungelmetropole mit indischen Klischees, jedoch stark ins Überreligiöse gezogen, dabei jedoch nicht fromm sondern durch und durch ekstatisch und geheimnisvoll. (Rashama) Ein Ort wunderschönster, exotischer Natur mit Kathedralen aus lebendem Baumaterial, übereinander und untereinander verwachsenes Chaos, sich ständig verändern und oft Lebewesen verschlingend, unheimlich und heimelig zugleich.
Zunächst jedoch wollen wir einen Blick auf Garapur werfen, jenen Teil der Stadt, der vor drei Jahrtausenden von den Chirà gegründet worden war.
Garapur ist eine Stadt der Tempel. Religion ist und bleibt das Wichtigste für die Einwohner und nirgendwo in Mradoshan wird man so viele sakrale Bauten und Statuen auf so kleiner Fläche versammelt finden wie hier. Seien es die riesigen, pilzförmigen Spitzdome, die Gebetsstelen und Opfersäulen, die ungezählten Schreine und heiligen Brunnen in fast jeder Hausfront oder die phantasievollen Statuen der ungezählten Götterkinder und Heiligen - auf Schritt und Tritt wird man auf Zeugnisse der tiefen Religiosität der Einwohner Garapurs treffen - vielleicht haben jene Ereignisse im Jahre 667 v.A.* dazu beigetragen, daß die Kulte so viel Sorgfalt auf eine gründliche Missionierung legten. So haben auch seit jeher die Priester einen gehörigen Einfluß darauf gehabt, was in der Stadt geschieht und die Kulte nutzten die Gelegenheit, um ihren Herrschaftsanspruch stetig zu vergrößern. Auf der anderen Seite steht die weltliche Regierung Rash-Magapurs: die aktuelle Herrscherin trägt (ebenso wie die Herrscher von Ashrabad) den erblichen Titel Reshala. Schon seit fast einem Jahrhundert regiert eine menschliche Familie die Stadt, doch verlor sie zusehends an Macht zugunsten der immer stärker werdenden Priesterschaft. Zwar ist der Palast von Rash-Magapur nach wie vor das offizielle Zentrum der Befehlsgewalt, aber schon längst wurden hohe Beamte und Berater durch Anhänger der verschiedenen religiösen Orden ersetzt, die übrigens auch gegenüber den Hauptkulten in der Allianz ihr eigenes Süppchen kochen.
Das einfache Volk Garapurs bekommt von all dem Ränkeschmieden nichts mit - voller religiösem Eifer saugen sie begierig alles auf, was übersinnlich ist oder was dazu beitragen könnte, ein größeres Verständnis für die göttliche Wahrheit zu erlangen. So liegt über der Stadt ständig ein Duft von exotischem, berauschendem Räucherwerk, Handleser, Traumdeuter und Möchtegern-Geisterbeschwörer tummeln sich auf den Straßen. Darunter mischen sich Schlangenbeschwörer, Kräuterweiblein und selbsternannte Propheten, ständig scheint die Stadt in einem exotischen Rausch zu sein.
Bei so viel Durst nach Erkenntnis und Rauschmitteln gibt es natürlich auch zahlreiche Geschäftsleute, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und über Drogenringe, Devotionalenhandel und einfachen, pseudoreligiösen Plunder zu Geld gekommen sind. Zahlreiche "Spenden" an die großen Tempel sorgen für entsprechende Sondergenehmigungen und Exklusivrechte für den Handeln mit diversen Opfergaben, die an geeigneter Stelle unter das Volk gebracht werden.
Das Stadtzentrum Garapurs ist ein wahres Juwel. Nach einem verheerenden Brand vor gut 180 Jahren wurde der Hafen und der daran anschließende Stadtkern komplett neu gestaltet: ein einziger großer Platz von riesigen Ausmaßen, mit grauem, ebenmäßigem Gestein gepflastert neigt sich in leichtem Gefälle dem Großen Strom entgegen. Darauf, mal eng aneinandergebaut, mal breite Plätze zwischen sich aufspannend erheben sich sich gegenseitig durch ihre schiere Größe und wuchtige Präsenz immer wieder in den Schatten stellende Tempelbauten. Zwischen ihnen sind auf den platzartigen Straßenzügen Gebetsstelen aufgestellt und zwischen Säulenreihen zeichnen Priester in chiràhohen Glyphen Gebete auf das glatte, nahezu fugenlose Pflaster.
Zu den herrlichsten Bauwerken gehören die Sieben Türme des Chiskel, himmelhohe, mal rund gedrehte, mal vielkantig aufragende, an titanische Dornen erinnernde Turmbauten, die dicht beieinander stehen und untereinander durch ein undurchdringliches Gewirr aus hauchfeinen Streben und wie gewachsen erscheinenden Brücken und Bögen verbunden sind und in dessen Mitte, wie Nester in einem Baum und untereinander durch röhrenartige Gänge verbunden die Kammern der Priester und die Gebetshallen hängen.
Ebenso schlägt der ganz aus durchscheinender Jade und glitzerndem Envrava-Stein erbaute Tempel der Jhoulana jeden Besucher in seinen Bann, nicht nur wegen der betörenden Schönheit der wie ein Kristall in der Sonne funkelnden, gegen den Hafen geneigten vielkantigen spitzen Pyramidentürmen, aus denen der Tempel besteht, sondern auch wegen seiner hervorragend ausgewählten und ausgebildeten Lustknaben und -mädchen, deren jhoulanagefällige Gestalt seinesgleichen am Großen Strom suchen soll.
Auf dem höchsten Punkt Garapurs jedoch, alle anderen Tempelbauten überragend heben die gewaltigen domartigen Kuppeln des Tempels der Mra-Aggar ihre steinernen Massen empor. Auf einem massiven Fundament schrauben sich unzählige Säulen und Pfeiler in die Höhe, alle über und über geschmückt mit Reliefs und Figuren, sich miteinander vereinigend und zu turmhohen Kuppeln werdend, sich wieder trennend und Platz für einen Balkon oder Fensterreihen zwischen sich lassend. Ein Gewirr aus Altären und Schreinen findet sich an und auf den Dächern und Vorsprüngen, allesamt sind sie über schmale Pfade erreichbar, die man für sich selbst entdecken muß während man immer höher und höher in einem Gebirge aus Dächern, Statuen und Nischen in Serpentinen und Durchgängen, teils im Tempelgebäude, teils an seiner Außenseite über ein Labyrinth aus Brücken und Treppchen empor steigt in diesem verwirrenden und doch harmonischen, unfaßbaren Monument für die große Göttin Mra-Aggar.
Gegen dieses Bauwerk nimmt sich - trotz seiner beeindruckenden Größe - der Palast der Reshala regelrecht schlicht aus. Er ist ebenfalls auf dem Hügelkamm zu finden, jedoch in ehrfürchtigem Abstand zu den Tempelbauten. Auf mehreren aufeinanderliegenden Terrassen thront ein flacher Gebäudekomplex, flankiert von nur wenigen klotzartigen, aber bunt mit Tiermotiven bemalten Türmen. Hier lebt die Reshala zurückgezogen und abgeschirmt von der Umwelt -
die eigentlichen Entscheidungen werden ohnehin schon längst von den Priestern der Stadt in ihren eigenen Gremien getroffen.
Das eigentliche Garapur besteht abseits der großen Tempel aus eigentümlichen, würfelartigen Häusern, die sich gerne - so scheint es - in Gruppen zusammenrotten und sich als Häufchen in der Mitte in die Höhe türmen. Fast so, als hätte ein Kind seine Bauklötze alle auf einen Haufen geleert. Oft scheinen die Innersten dieser Würfelhäuser nicht mehr bewohnt und in der Tat bemühen sich diejenigen, die es sich leisten können, ein Haus am Außenrand, also an der Straße zu erlangen. Dieses Häuser bestehen nicht selten aus nur einem einzigen Raum - Familien müssen sich oft auf mehrere dieser Würfelhäuschen verteilen, so daß man, um von der Küche zum Schlafzimmer zu gelangen auf die Straße oder in die schmalen, dunklen Schächte zwischen den Hausklötzen treten muß...
Scheint Garapur schon ungewöhnlich, so muß man sich, überschreitet man den Hügelkamm und blickt in das vom Strom abgewandte und nicht von ihm aus zu sehende dahinterliegende Tal, auf wahrhaft Atemberaubendes einstellen: Rashama.