Senke

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"Kommt, hört damit auf", herrschte Eluk seine beiden Fahrgäste an. "Wir brauchen den Ballast noch." Immer noch starrten Vlak und Vlaka weit über den Rand des Schiffes gebeugt in die Tiefe. Der Stein war schon lange nicht mehr zu sehen, schon längst hatte er das Blätterdach durchschlagen und war damit für immer verschwunden.
"Diesmal waren es mehr Vögel", bewertete Vlaka den letzten Fallversuch zufrieden. Stolz richtete sich Vlak auf. "Ich glaube, ich habe sogar einen erwischt."
"Wer weiß, was Du noch alles erwischt hast", preßte Eluk zwischen den Zähnen hervor, mit deren Hilfe er ein Seil für einen Knoten vorbereitete. Vlak winkte ab. "Was soll dort unten schon herumkriechen. Da kann doch keiner lange überleben." "Woher willst Du das denn wissen?" fragte Vlaka. "Ach ja, Du bist ja sooo klug." Sie blickte wieder in die Tiefe.
Unter ihr bot sich das übliche Bild. Baumwipfel reihte sich an Baumwipfel. Es gab keine Stelle, an der man hätte hindurchblicken können. Das einförmige Grün wurde nur durch kleine weiße Farbtupfen unterbrochen, die sich bei genauerer Betrachtung oder bei einem gezielten Steinwurf als Brutkolonien von Hunderten von Vanatis herausstellten. Es gab kein Indiz dafür, was sich unter dem Teppich verbarg.
Vlaka runzelte die Stirn. "Glaubst Du wirklich, daß da etwas lebt, Eluk?" Ein kräftiger Ruck, der Knoten saß. "Weißt Du, Vlaka, Mehdoras Macht ist größer als alles andere in dieser Welt. Sie hat es geschafft, das Wasser, die Felsen, die Erde und die Luft mit Leben zu erfüllen, warum sollte sie vor jenem Wald dort halt machen?"

Noch immer ist der große, dampfende Talkessel der Senke, der ganz und gar von dichtestem, brodelndem Dschungel überwuchert ist weder erforscht noch jemals durchwandert worden. Zu räuberisch sind die Kreaturen, zu mörderisch und kräftezehrend die drückend schwüle Luft.

Viel ist nicht darüber bekannt, was sich unter dem dichten Dach der Baumriesen verbirgt, doch wird einstimmig berichtet, daß der Untergrund sehr zerklüftet und der Boden von tiefen Rissen durchzogen sein soll. Oft sieht man spitze Felsnadeln oder einzelne schroffe Berge aus dem Dschungel ragen. Es gibt zahlreiche Berichte über die verschiedensten Bewohner der Senke: neben den ungezählten mörderischen Bestien, die zwischen den Bäumen hindurchstreifen auf der Suche nach Beute soll es auch einige wilde Stämme von Chirà, Sragon und Menschen geben, die in den Tiefen der Senke hausen und man erzählt sich sogar von ganzen Städten und Kulturen, die bisher unentdeckt schon seit Jahrhunderten wenn nicht Jahrtausenden existieren.

Mra Adoshan, der Große Strom, bildet die natürliche Südgrenze der Senke und man kann nur von Glück sprechen, dass die schrecklichen Kreaturen dieser grünen Hölle ihn nicht überwinden können, erreicht er doch hinter Ashrabad bis zu den ersten Felsen der Gebirge Yedeas seine größte Breite. Die große, am südufer verlaufende Küstenstraße von Gilgat nach Ashrabad darf sich deshalb als wenigstens leidlich geschützt vor den Scheußlichkeiten des Dschungels wissen und auch Ashrabad selbst hat aufgrund seiner Lage auf Inseln im Großen Strom nicht gar so viel zu befürchten. Doch sobald die Straße das Nordufer des Stroms bei Sikamra betritt, sieht sich der Reisende mit der tödlichen Unerbitterlichkeit der Senke konfrontiert: das Reisen ist bis Rash-Magapur nur mit schwerst bewaffneten Karawanen möglich, die schwere Speerschleudern auf den Rücken von Roputans und mindestens zwei Dutzend gut ausgebildete Söldner mit sich führen müssen, wollen sie sicher am Rande der Senke reisen.

Der grüne Wall von Rashama schützt Rash-Magapur vor dem unerklärlichen Zorn der Senke und die Berge von Chiàn stellen ihrerseits ein Hindernis dar. Aber allein die Berichte aus der Allianz-Provinz Oranya, wo die Kreaturen der Senke sogar das machtvolle Volk der Chirà mit seiner Technik und seinen Kriegerinnen das Fürchten lehrt, lassen erahnen, warum das Herz Mradoshans auch nach Jahrtausenden der versuchten Erforschung noch immer ein weißer Fleck auf der Landkarte jeder Zivilisation ist.

Der große Strom

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Der Große Strom ist die Lebensader Mradoshans. Die Mehrzahl der Städte und Kulturen haben sich an seinen Ufern versammelt und tagtäglich reisen mehr Bewohner der Dschungelwelt auf ihm oder an seinem Ufer entlang als auf allen anderen großen Routen zusammen. Er ist aber nicht nur Transportmittel, sondern auch Nahrungsspender in zweierlei Hinsicht: zum einen scheint sein Wasser von Vanor und Mehdora mit einem unerschöpflichem Fischreichtum gesegnet worden zu sein, zum anderen hinterläßt er bei den jährlich auftretenden Überschwemmungen an seinem Ufer fruchtbaren Schlamm, der gerade Ashrabad die Selbständigkeit in der Nahrungsversorgung ermöglicht.

Der Strom entspringt als einer von sieben Flüssen dem Hochplateau von Nahaya im Herzen der Hauptstadt der Allianz, ergießt sich über ein Schleusensystem in den Metchuràn und fließt ab dort wesentlich träger und ruhiger dem Meer entgegen.

Wenngleich der Strom auf dem Großteil seiner Länge nur sehr träge fließt und die Strömung kaum zu spüren ist, haben viele Schiffe eine gewisse Mühe, stromaufwärts zu fahren, zumal der Wind auch meist in Fließrichtung über das Wasser streicht. Während also Galeeren und sonstige geruderte Schiffe ganz gut vorankommen, müssen reine Segelschiffe auf einen der seltenen nach Osten wehenden Winde warten oder sich vom Ufer aus über Treidelpfade durch mächtige Zugechsen ziehen lassen, was freilich nicht billig ist. Ein Kreuzen auf dem Strom ist für größere Schiffe erst ab Gilgat möglich, denn nur hier hat der Strom die nötige Breite.

Nicht minder vielbefahren ist die Straße, die dem Strom treu auf nahezu seiner gesamten Länge folgt. Sie verläuft von der Hauptstadt der Allianz über Metijà, dem Nordufer des Metchuràn entlang bis nach Chiàn. Von dort aus weiter nördlich des Großen Stroms bis nach Ashrabad, wo sie auf das Südufer wechselt und dort bis zur Mündung des Stromes in das Meer verbleibt.

Der Strom, der Süßwasser führt, ist von wechselnder Breite. Ist er bei Chiàn und Gilgat recht überschaubar, so wird er an seiner breitesten Stelle (hinter den Inseln von Ashan'drar) bis zu 5000 Vat breit und ist von einem See fast nicht mehr zu unterscheiden. Bei Hochwasser schließlich setzt er ganze Täler unter Wasser. Genauso wechselhaft wie seine Ausmaße ist auch die Farbe seines Wassers. Ständig fließen unzählige Nebenflüsse aus den umliegenden Bergen und Dschungeltälern in ihn hinein und sie alle sind von unterschiedlichster Farbe. Bei Chiàn wird sein Wasser mit einem starken Rotton vom Homang durchsetzt, doch schon wenn er Rash-Magapur erreicht hat, zeigt er sich in dunklem Grün. In Ashrabad hingegen wird er durch zahlreiche Zuflüsse in tiefes Schwarz gefärbt, doch schon bei Gilgat hat ihn die Erde aus Yedea wieder in helles, schlammiges Gelb gefärbt. Von den alten chiranischen Entdeckerinnen aus dem Goldenen Zeitalter wurde der Strom einst bisweilen auch "Danamenchan", Vielfarbiger, genannt.

Die Uferregionen des Großen Stroms sind vielseitig und zeigen dem Reisenden nahezu alle Landschaften, die Chrestonim zu bieten hat. Von der lieblichen Hügellandschaft rund um den Metchuràn über die von dichten Dschungel bewachsenen Ufer bei Rash-Magapur und Ashrabad, den steilen, felsigen Abhängen des yedeischen Hochlandes und den trockenen Hügeln um Gilgat und Sedib bis hin zu den wieder von Dschungel bewachsenen Ausläufern von Elùrya wird man alles finden, was das neugierige Auge begehrt.

Gerade zwischen Rash-Magapur und Ashrabad ist die Reise auf dem Strom voller Gefahren, bieten die zahlreichen Zuflüsse und toten Seitenarme doch beliebte Verstecke für Flußpiraten, aber auch sonst kann man als Händler sein Geld und seine Waren gut unfreiwillig loswerden, muß man doch an zahlreichen Landesgrenzen teilweise erhebliche Zölle entrichten. Möglichkeiten, über den Strom zu setzen gibt es nur wenige. Zum einen die Fähre direkt an der Mündung des Großen Stroms in den Metchà, dann erst wieder in Ashrabad (dort gibt es einige Brücken über Seitenarme des Stroms, der Hauptstrom ist jedoch ebenfalls nur über Fähren zu überqueren). Die einzige den Strom überspannende Brücke ist die neu errichtete mechanische Zugbrücke von Chiàn. Wenngleich sie sich schon in schwindelnder Höhe über den Strom erstreckt, muß sie hin und wieder für besonders große Schiffe hinaufgezogen werden.

Die Brücke

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Bauwerk/ Ort

Die Brücke ist eines der (im wahrsten Sinne des Wortes) größten Rätsel der Dschungelwelt und doch dasjenige, das den Bewohnern Chrestonims am vertrautesten ist. Mit über 80 Evet (400 km) Länge überwindet sie fast zwei Fünftel der gesamten Welt. Von der Allianzhauptstadt bis zum Bergland von Sanescya in der Nähe der Menschenstadt Estichà spannt sich das Band aus Stahl über den Dschungel, gestützt von gewaltigen Pfeilern.

Das Ende der Brücke liegt mitten in der Hauptstadt der Allianz, nahe dem Stadtzentrum. Sie endet dort abrupt, so als sei ein Teil von ihr heruntergebrochen. Ihr oberes Ende liegt viele Dutzend Vat über dem Erdboden. Die Chirà haben ein komplexes, mit heißem Dampf betriebenes Lastenaufzugssystem entwickelt, das mopaccraschwere Güter bis auf die Brücke ziehen kann, um diese dann von dort aus in andere Stadtteile, die unter der Brücke liegen, oder weiter über den Dschungel in die Menschenstädte zu transportieren. Dort, wo die Brücke über den äußeren Provinzen der Allianz schwebt, findet man hin und wieder weitere Aufzüge, die einzelne unter dem Stahlband liegende Dörfer nutzen, um ihrerseits am Reichtum teilzuhaben, den die Brücke transportiert.

Die Brücke ist bis auf wenige Ausnahmen auf ihrer ganzen Länge gut 20 Vat breit und hält immer eine konstante Höhe, egal, welche Bodenerhebungen oder -senkungen sie auch überwinden muß. So reichen also die Baumkronen einiger Urwaldriesen streckenweise an die Brücke heran, mal blickt man, sieht man über den Rand der Stahlkonstruktion, in einen Abgrund von mehreren Hundert Chiràlängen Tiefe.

Etwa alle 350 Vat stützt ein Paar Stahlpfeiler die Konstruktion. An diesen Stahlpfeilern sind oft Opferschalen für den Gott der Wunder, Jhoran angebracht, denn allzu oft schlagen Blitze der über der Senke tobenden Gewitter in die Brücke ein und bringen sie bisweilen zum Leuchten. Die Brücke verläuft aber nicht schnurgerade von Ost nach West, sondern vollführt einen leichten Zickzackkurs und es gibt sogar mehrere Abzweigungen. Diese Abzweigungen enden jedoch meist nach wenigen hundert Vat abrupt. Diese 'Seitenstraßen' sind stets schmaler als die Hauptader der Brücke, manche messen nur knappe 3 Vat in der Breite. Selten einmal führen diese Seitenäste zu einem bestimmten Punkt, hin und wieder jedoch kann man über sie zu einem Bergrücken im Dschungel oder einer entlegenen Felsnadel gelangen.

Auf der Brücke an sich sind - gerade an solchen Abzweigungen - immer wieder Wegstationen zu finden, Gasthäuser, die auch nicht selten zahlreiche Waren anbieten können und in denen sich viele Reisende aus allen Ländern und allen Völkern treffen. Und wenn die Nacht anbricht, dann gibt es nichts Schöneres, als aus der Ferne ein gastliches, warmes Licht über dem Dschungel strahlen zu sehen, das Klingen von Tanzmusik zu hören, den würzigen Duft von frisch zubereitetem Salat mit Esjalas oder eines gebratenen Kanin-Chons in sich aufzunehmen. Einige dieser Wegstationen sind bereits zu Dörfern herangewachsen und manche von ihnen gleichen bereits kleinen Städten - sind Kreuzungspunkte und Einmündungen von Abzweigungen doch oft über Plattformen miteinander verbunden und die Brücke kann an solchen Stellen durchaus einmal fünfzig oder mehr Vat breit sein.

Die Brücke endet schließlich indem sie auf die Oberkante der Steilwand stößt, die das Bergland von Votràyis dem großen Dschungeltal, das die Brücke überwindet, zuwendet. Dort verläßt der Reisende die Brücke und wandert weiter Richtung Estichà dem Meer entgegen.

Es ist überflüssig zu sagen, daß die Brücke eine herausragende Bedeutung als Handelsroute hat, stellt sie doch die direkteste und sicherste Verbindung zwischen der Allianz und Estichà dar. Und da die Beziehungen zwischen dem machtvollen Bündnis und der aufstrebenden Hauptstadt des Elurischen Reiches schon seit Jahrzehnten gut sind und im Gegensatz zum großen Strom nur einmal Zoll bezahlt werden muß wird die Brücke auch die nächsten Jahrzehnte hindurch eine lukrative und beliebte Strecke sein.

Es gibt auf der Brücke zwei Siedlungen: Evalas und Amesay.

Die Tarrocsha und das Chrestaron

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Bauwerke / Ort

Etwa auf halber Strecke zwischen der Brücke und dem großen Strom erheben sich mitten aus den dampfenden, mörderischen Dschungeln der Senke die Tarrocsha, was in etwa mit "Türme aus Stahl" übersetzt werden kann. Die Tarrocsha sind das zweifellos größte Geheimnis von Chrestonim. Es scheint sich bei ihnen um gewaltige Bauwerke zu handeln, schlanke Türme, die mehrere hundert Vat in den Himmel ragen oder Konstruktionen, die an einen großen Diskus erinnern, getragen von dünnen Streben auf gewaltigen Sockeln. Die Bauwerke glänzen und funkeln in der Sonne. Einige von ihnen scheinen aber trotz allem beschädigt zu sein. Eine Abzweigung der Brücke führt verhältnismäßig nah (bis auf ungefähr 3 Evet) an sie heran, doch auch vom Hauptpfad der Brücke aus sind sie gut und deutlich zu erkennen. Überschattet werden die Tarrocsha jedoch noch von einem Objekt, das allen Völkern, egal ob sie nun Chirjeya, Unu oder Sragishta sprechen mögen, als das "Chrestaron" bekannt ist. Es handelt sich dabei um einen titanischen Quader, der, seine schmale Oberkante in den Himmel reckend, schräg aus dem Dschungel ragt. Schätzungen haben ergeben, daß er eine Seitenlänge von mindestens einem Evet haben muß.

Eine Expedition zu den Tarrocsha oder gar dem Chrestaron zu entsenden hat sich in der Geschichte verschiedenster Völker stets als purer Irrwitz herausgestellt, denn der Dschungel, aus dem sie herausragen ist nirgendwo so dicht und unwegsam, nirgendwo so voller giftiger, tödlicher und aggressiver Kreaturen wie hier. Auch die Unuim wagen sich mit ihren Luftschiffen nicht hierher, denn die Strömungen, Luftwirbel und Windgeschwindigkeiten rund um die Türme sind derart tückisch, daß selbst erfahrene Luftschiffer innerhalb weniger Augenblicke mit ihren Gefährten an den Stahlwänden zerschellen oder im Dschungel abstürzen.

Der versunkene Wald

EIN VERBORGENES MEER


"Wart Ihr jemals abseits der Brücke? Habt ihr jemals gewagt, den Steg zu verlassen und habt den Ort gesehen, wo der Urwald seinen größten Sieg errungen hat?
Ich, mein Freund, habe diesen Ort gesehen. Ich war da, wo Mehdora und Vanor Hochzeit hielten unter Vesanas Zepter, ich habe ein Meer gesehen, das Ihr auf keiner Karte verzeichnet finden werdet, ich sah Kreaturen in der Tiefe leuchten, so schön und so grausam, daß mir mein Herz bei ihrem Anblick gleichzeitig vor Angst zu Eis erstarren und vor Glück zu brennen anfangen. Ich spürte die Kälte der Nacht am hellichten Tage, ich sah Äste von den Bäumen auf mich herabsteigen, ich... ich habe zuviel gesehen an jenem Ort.
Nein, mein Freund, bleibt dem versunkenen Wald fern. Wünscht Euch, daß Ihr das Meer, das einst meine Augen sahen, nie selbst sehen müßt."



DAS DACH


"Kommt, hört damit auf", herrschte Eluk seine beiden Fahrgäste an. "Wir brauchen den Ballast noch." Immer noch starrten Vlak und Vlaka weit über den Rand des Schiffes gebeugt in die Tiefe. Der Stein war schon lange nicht mehr zu sehen, schon längst hatte er das Blätterdach durchschlagen und war damit für immer verschwunden. "Diesmal waren es mehr Vögel", bewertete Vlaka den letzten Fallversuch zufrieden. Stolz richtete sich Vlak auf. "Ich glaube, ich habe sogar einen erwischt."
"Wer weiß, was Du noch alles erwischt hast", preßte Eluk zwischen den Zähnen hervor, mit deren Hilfe er ein Seil für einen Knoten vorbereitete. Vlak winkte ab. "Was soll dort unten schon herumkriechen. Da kann doch keiner lange überleben." "Woher willst Du das denn wissen?" fragte Vlaka. "Ach ja, Du bist ja sooo klug." Sie blickte wieder in die Tiefe.
Unter ihr bot sich ein einförmiges Bild. Baumwipfel reihte sich an Baumwipfel. Es gab keine Stelle, an der man hindurch hätte blicken können. Das einförmige Grün wurde nur durch kleine weiße Farbtupfen, die sich bei genauerer Betrachtung oder bei einem gezielten Steinwurf als Brutkolonien von hunderten von Vanatis herausstellten unterbrochen. Es gab kein Indiz dafür, was sich unter dem Teppich verbarg.
Vlaka runzelte die Stirn. "Glaubst Du wirklich, daß da etwas lebt, Eluk?" Ein kräftiger Ruck, der Knoten saß. "Weißt Du, Vlaka, Mehdoras Macht ist größer als alles andere in dieser Welt. Sie hat es geschafft, das Wasser, die Felsen, die Erde und die Luft mit Leben zu erfüllen, warum sollte sie vor jenem Wald dort halt machen?"



DIE HOCHZEIT DER GÖTTER


"Als die Götter wieder Ratschluß halten wollten, kamen sie in der Halle der Götter zusammen. Eine jede Gottheit stellte sich hinter Hostinos oder Mra-Aggar, so wie es ihnen bestimmt war.
Da fiel Vanors unergründlicher Blick auf Mehdora. Mehdora schien ihm so schön, so prall von Leben und Fruchtbarkeit, daß er während des Rates nicht von ihr lassen konnte, obwohl sie Tochter von Mra-Aggar war.
Mehdora bemerkte den Blick Vanors. Zunächst blickte sie voller Scheu zu Boden, als sich ihre Blicke streiften, doch alsbald spürte auch sie das Feuer des Verlangens in ihr.
Als der Rat vorbei war, wagte Vanor es endlich, zu Mehdora hinüber zu gehen. Als Hostinos jedoch sah, wohin Vanor seine Schritte lenkte, schleuderte er ihn zurück: 'Niemals wirst Du, Vanor zu ihr gehen, da sie ein Kind Mra-Aggars ist. Niemals, Vanor sollst Du ihr Nahe sein und sie berühren.' Vanor mußte sich dem Willen seines Vaters beugen.
Wieder und wieder sahen sich die beiden gegenüber stehend im Rate, doch nie konnten sie zusammen kommen.
Mehdora in ihrer Verzweiflung faßte schließlich einen Plan. Sie begann einen Teppich zu weben, so dicht und so fest, daß kein Auge, sei es chrestonischer oder himmlischer Art, ihn zu durchdringen vermöge. Nicht einmal Hostinos oder Mra-Aggar.

Als der Rat wieder tagte und beendet war, schlich Mehdora hinüber zu Vanor, warf ihren Umhang über ihn und stellte sich davor. So sah es aus, als würde der Wind ihren Umhang aufblähen.
Hostinos aber bemerkte das Fehlen von Vanor. Gemäßigten Schrittes durchmaß er die Halle der Götter und kam auch Mehdora immer näher.
"Mehdora, sprich. Was hat sie für einen Mantel dort?"
Vesana, die Göttin der Nacht hatte den Trick Mehdoras bemerkt und hatte Mitleid mit den Liebenden. So schickte sie einen kalten Nachthauch zu ihr hinüber.
"Aber Herr, es ist kalt, spürt ihr es nicht? Ich habe ein dickes Gewand und der Wind bläht es auf."
Hostinos trat näher an sie heran.
"Mehdora, sprich. Wieso sieht ihr Gewand so unförmig aus?"
Da ließ Vesana die Dunkelheit der nacht über die Halle der Götter fallen.
"Aber Herr, es ist dunkel. Mein Gewand ist normal gefaltet, wie es immer ist."
Endlich gab sich Hostinos zufrieden und verließ mit seinem Gefolge die Halle.
Mehdora aber flüsterte Vesana zu: "Ich danke Dir, Vesana. Du wirst immer einen Platz unter meinem Gewand finden, wenn Du vor dem Lichte Hostinos' fliehst."
Dann verließ sie mit Vanor unter ihrem Gewande die Halle.
Gemeinsam gingen sie in ein einsames, geschütztes Tal. Dort ließen sie sich nieder, küßten sich, berührten sich und liebten sich, und Vesana hielt Wache und ließ die Nacht länger dauern als es ihr zugestanden hätte.

Als Hostinos das bemerkte, stieß er voller Wut hervor: "Vesana, Du sollst nicht länger in meiner Halle schlafen dürfen. Ich werde Dich nicht verstoßen, aber Du wirst in meiner Halle keinen Platz mehr finden, wo Du Dich vor meinem Licht verstecken kannst."
Als Mehdora und Vanor das Toben von Hostinos hörte, hielten sie inne. Vanor gab Mehdora noch einen letzten Kuß und wollte gehen. Mehdora jedoch sprach: "Geh nicht, ich bitte Dich, laß mir etwas von Dir zurück, etwas, daß ich halten kann, daß ich umschließen kann."
So schnitt sich Vanor eine Wunde in die Brust und ließ sein Blut in das Tal fließen, daß sich darauf voll mit Wasser füllte. Dann verließ Vanor Mehdora und eilte zurück in die Halle der Götter.
Vesana fürchtete sich vor dem Zorn von Hostinos. "Bitte Mehdora! Ich half Dir, nun hilf Du mir!"
Da nahm Mehdora ihr Gewand und warf es über Vesana, als Hostinos am Himmel erschien. Unter dem dichten Gewand konnte Hostinos sie nicht sehen.
Jeden Morgen nun kriecht Vesana unter das Gewand Mehdoras und verbringt dort den Tag.
Noch immer liegt das Gewand über diesem Tal, darunter verborgen fließt das Blut Vanors in der Dunkelheit der Nacht, die hier ewig ist.
Tief im Inneren des Tales, dort, wo das Blut Vanors am tiefsten ist, soll immer noch der wundersame Platz zu finden sein, wo sich Vanor und Mehdora einst liebten."



DER WALD


"Gut, ich werde Dir von meiner Reise erzählen.
Zunächst spürst Du noch festen Boden unter Deinen Füßen. Der ganz normale Wahnsinn, wenn Du da draußen durch den Dschungel gehst - Schlingpflanzen, Farne, der ewige Lärm der Vanatis und Affen, Schlangen, Spinnen, Ameisen, aber das brauch ich Dir ja nicht zu erzählen, warst ja wahrscheinlich schon selbst mal auf der Brücke und hast Dir das ganze von oben angesehen...
Jedenfalls - so nach einigen Stunden Wanderung wird doch dieser Wald immer höher - ich meine, man kennt ja die Tanyuk-Bäume, aber die dort sind mindestens nochmal zehn bis zwanzig Schritt höher. Und so dicht. Als wir weiter liefen, konntest Du meinen, es sei schon Abend. Als dann mittags der Regen kam, da lief nur ein wenig Wasser an den Rinden der Bäume herab, aber glaubst Du, wir sind naß geworden? Nicht die Spur!
Dafür sammelt sich das ganze eben auf dem Boden. Aber unsere Führerin - so eine kleine, dicke, nicht sehr hübsch, aber sehr geschickt - meinte, die Pfützen stünden hier immer und es würde noch feuchter werden.
Wir laufen also so in dem Dämmerlicht immer weiter gen Norden und der Boden wurde immer schwammiger. Hätte beinahe meine Stiefel eingebüßt, ich mußte sie mir mit Lederriemen am Bein festbinden, sonst wären sie im Schlamm zurückgeblieben. Wundert mich nicht, daß es da kaum noch Tiere gibt. Ich habe einen Affen gesehen, der sich bemüht hat, durch den Schlamm zu kommen. Hätt's beinahe nicht geschafft, der Kleine, so tief steckte er schon in der Suppe. Glücklicherweise gab es hier und da mal einen umgestürzten Baum, auf dem wir laufen konnten. Kamen aber viel zu selten vor, wenn du mich fragst.
Wir kamen auch immer langsamer voran. Gegen Abend stand uns das Wasser dann bis zur Mitte der Waden. Und kalt war mir! Du glaubst gar nicht, wie kalt es da unten ist! Du weißt ja, daß ich die Hitze normalerweise nicht mag, aber einmal wieder richtig zu schwitzen - ach, das war mein Wunsch damals! Naja, ist ja auch nicht so wichtig.
Aber mir wurde schon ganz anders, als die Nacht heranbrach. Ich kenne ja das dauernde "Keluuuuntà" der blöden Brüllaffen, ich mein, das hört man ja manchmal nachts sogar in Estichà, aber die Viecher müssen irgendwo über uns gesessen haben. Ich hab ja nix mehr gesehen und das hat da auch so gehallt. Ja, es war so, als wäre man in einer großen Halle. Über uns die Kuppel des Waldes und rund herum die Säulen der Bäume. Ja, ich glaube, das ist ein ganz guter Vergleich. Aber glaub mir, es war schon verdammt ungemütlich da. Wir hatten uns auf eine kleine Insel im Wasser gelegt, rund um so einen Riesenbaum.
Am nächsten Morgen (naja, wir sind auf gut Glück aufgestanden, als wir dachten, es sei morgen, ich mein, die Morgensonne zu sehen hat man ja keine Chance). Jetzt hab' ich den Faden verloren...
Achja, am nächsten Morgen jedenfalls hab ich dann mal schauen wollen, wie hoch unser Baum war, an dessen Fuß wir geschlafen hatten, aber meinst Du, ich hab in der Dunkelheit irgendwas da oben gesehen? Gelegentlich sah man mal ein bißchen was durchschimmern, aber nicht viel. Ich hab mir mal so ein Blatt angesehen, daß wohl von so einem Baum weiß ich wieviele Meter hinuntergesegelt ist. Es war eigentlich ganz normal. Vielleicht ein bißchen dicker und dunkler, aber sonst ganz normal. Hätt' ja sein können, daß es irgendwas besonderes da oben gibt.
Ich hatte eh schon das Gefühl, daß da oben so unter den Kronen der Bäume irgendwas war. Waren vermutlich nur Affen. Achja, und Flugechsen. Ist schon unheimlich, wenn Du auf so einem Baumstamm läufst, unter Dir das Wasser - sicherlich schon hüfthoch - und plötzlich segelt so ein Ungetüm mit mindestens drei Schritt Spannweite über Dich hinweg. Die Führerin meinte aber, die seien harmlos, solange man nicht versuche, die Bäume zu erklettern, dann denken die nämlich, man wolle an ihre Vorratskammern oder Nester.
So ab Mittag wurde es dann erst richtig unheimlich. Bei Mehdora, solche Bäume hab ich noch nie in meinem Leben gesehen! Ein Durchmesser von mindestens, ja, wieviel werden's gewesen sein?, mindestens sieben oder acht Mannslängen, mein Lieber!
Gut daß wie eine Führerin dabei hatten. Die hat uns recht schnell gezeigt, wo man auf umgefallenen Baumstämmen laufen kann. Wir mußten nur ein paar mal schwimmen. Ich sage, Dir, daß mach ich nicht nochmal mit. Du siehst wirklich nichts! Es ist einfach dunkel unter Dir. Gelegentlich stößt Du mit Deinen Beinen an irgendwelche Wurzeln, hätten aber auch gut Schlangen sein können oder noch schlimmeres. So schnell geschwommen bin ich glaube ich noch nie. Die Frau hat uns gesagt, wir sollen bloß nicht von dem Wasser trinken, da schwimme so einiges an Zeugs drin. Und tatsächlich habe ich mal ganz nah am Stamm ein totes Tier gesehen - weiß Mehdora was das war -, das war ganz von Maden bedeckt. Gelegentlich wurde es auch kurz in die Tiefe gezupft und tauchte dann wieder auf. Ich vermute, irgendwelche Fische haben sich Maden runtergepickt oder haben sich an dem Tier zu schaffen gemacht.
Ich muß allerdings sagen, daß es sich auf den Baumstämmen sehr gut laufen läßt. Aber Riesendinger sind das! Die sind so breit, daß Du bequem drauf laufen kannst, ohne irgendwie das Gleichgewicht halten zu müssen. Ist besser als manche Brücke, die ich schon gesehen habe. Ich habe mal meine Schritte gezählt, die ich auf einem einzigen Stamm gemacht habe. 288! Das Ding war über 200 Schritt hoch!
Dann am Abend - mein Magen hat mir verraten, daß es Abend war - kamen wir schließlich bei dem Dorf an. Also, ich habe mich ja schon an vieles gewöhnen müssen, aber das!
Die hatten einen der Bäume gefällt, der mindestens einen Durchmesser von 60 Schritt hatte. Den Baumstumpf - er ragte sicherlich fünf Meter aus dem Wasser heraus - hatten sie ganz eben gemacht und die Oberfläche abgeschmirgelt oder so. Jedenfalls haben die dann auf dem Baumstumpf ihre Hütten hingestellt! Auf dem Baum standen sicherlich ein halbes Dutzend Hütten.
Die Menschen, die hier lebten waren alle recht still und hatten einen düsteren Gesichtsausdruck - so düster wie der Wald selbst. Wenigstens hatte ich zum Essen endlich wieder was Warmes - muß irgendein Fisch gewesen sein, sonst haben die dort unten ja nichts, was sie essen könnten.
Im Laufe des Abends sind sie dann langsam aufgetaut. Haben angefangen, ganz merkwürdige Geschichten vom Inneren des Waldes zu erzählen. So soll tief drinnen das Wasser immer tiefer werden. Die Dunkelheit ist dort so dicht, daß sie fast greifbar wird und unter einem brodelt das Wasser manchmal vor fremdem Leben. Sie haben erzählt, daß dort geheimnisvolle, leuchtende Wesen im Wasser leben, Drachen, so groß wie ein ganzes Haus, die ein göttliches Licht verstrahlen und so fruchtbar und gleichzeitig wunderschön seien, daß man fast den Verstand verliere. Ich weiß ja nicht, was bei diesen Baumstumpfmenschen Phantasie und was Wirklichkeit ist, aber mir wurde ganz anders, als die davon erzählt haben.
Mitten in diesem - ja, schon als Meer zu bezeichnenden - Riesensee soll sich eines der größten Wunder Chrestonims verbergen: ein Heiligtum Mehdoras. Eine Insel, voll der fremdartigsten Kreaturen, die man sich vorstellen kann, die einen riesigen Palast aus schillernden Türmen und Kuppeln bewachen, ganz und gar überwuchert und umschlungen von Kletterpflanzen und giftigen Orchideen. Glaub mir, daß ich ganz froh war, als wir noch am selben Abend beschlossen, lieber eine andere Richtung einzuschlagen..."

Haccuya

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Ganz ruhig saß er da. So ruhig wie er nur konnte, so ruhig, wie er immer war, wenn er auf Jagd ging. Es war feucht und glitschig, wie immer. Das Dämmerlicht machte seine Aufgabe nicht leichter. Er war gut geschützt, dort, wo er war. Er saß auf einem der Baumstämme. Woanders konnte man auch nicht sitzen, denn es gab nur Baumstämme. Soweit er sehen konnte nur Baumstämme. So etwas wie Erde kannte er nicht, auch keinen Himmel. Für ihn bestand die ganze Welt nur aus Baumstämmen. Wäre er daran interessiert gewesen, nach oben zu sehen - und wären seine Augen etwas zuverlässiger - so würde sich ihm ein zweifellos beeindruckendes Bild bieten: Dutzende, ja vermutlich hunderte von Baumstämmen, dicht ineinander verhakt und auf ewig miteinander gefangen türmten sich übereinander und durcheinander. Wahrscheinlich bis zum Tageslicht nach oben. Ständig floß Wasser von oben in die Tiefe durch das feste Gitterwerk der verkeilten Baumleichen, heftete sich an ihre mit Moos überwachsenen Körper und schlich an ihnen hinunter in die Tiefe.

Er harrte immer noch seiner Beute. Er wußte nicht, daß weiter oben, dort wo die Bäume noch das Licht erreichten und mit Hilfe feiner Wurzeln die Lebenskraft aus ihren Vorgängern saugten, Artgenossen von ihm bedeutend mehr Beute fingen.
Langsam setze er seinen Fuß vorwärts auf dem weichen Moos dieses Stammes, den er schon seit Jahren bewohnte. Er war den Baumstamm nie bis zum Ende gelaufen, ein großer Pilz versperrte ihm den Weg. Er wollte auch nicht versuchen, um ihn herumzuklettern. Wäre er abgerutscht, wäre er für immer in der Tiefe verschwunden. Wie sah sie aus die Tiefe? Sie war noch dunkler und noch dichter als das, was über ihm war. Das Geflecht mochte sich viele hundert, wenn nicht gar tausend Stämme tief fortsetzen. Was dort unten war, interessierte ihn jedoch nicht. Interessanter war da der Falter, der vor ihm auf einem von einer Flechte bewachsenen Ast gelandet war. Langsam schlug er mit den Flügeln auf und ab.
Er wartete.
Auf und ab.
Dann ließ er seine Zunge hervorschnellen, ergriff den Falter und zog ihn in sich hinein. Selbstzufrieden wendete er, die Flügel noch aus seinem breiten Maul herausragend und kroch seiner Baumhöhle entgegen. Diese Beute würde ihn für drei weitere Wochen ernähren.

"Die erfolgversprechendste Methode, das Geflecht wenigstens in seinen oberen Schichten zu durchdringen, scheint die zu sein, ein Seil oben fest an einem der gesunden Bäume zu befestigen und dann an ihm hinunterzusteigen. Es hat aber keinen Sinn, lange Gegenstände wie Speere oder eine Jigara mit hinunter zu nehmen, auch ein Rucksack hat sich als wenig praktisch erwiesen. Denn schon alsbald wird das Geflecht so dicht, daß man sich wahrhaftig zwischen zwei eng nebeneinander liegenden Stämmen hindurchzwängen muß, um überhaupt voran zu kommen. Haken, die man in die Rinden der abgestorbenen Bäume haut, haben sich insofern als problematisch erwiesen, als daß das Holz doch schon arg angefault ist, da es auch ständig von den mittäglichen Regengüssen umflossen wird. So reißt man mit dem Haken, sobald man ihn belastet doch ein rechtes Loch in den Stamm. Das Umbinden mit Seilen ist nur bei großen Stämmen zu empfehlen, die kleineren Brechen häufig durch. Ist man ganz still, hört man es ohnehin aus der Tiefe häufig bedenklich krachen und man glaubt, ein leichtes Zittern durchlaufe das gesamte Haccuya-Geflecht. Wahrscheinlich gibt das Geflecht immer leicht nach, wenn unten durch das eigene Gewicht Baumstämme zerbrechen.
Wie tief wir gekommen waren, war fast unmöglich abzuschätzen, aber wir hatten bald unser zweihundert Vat langes Seil abgewickelt und da wir manches mal eine Kurve klettern mußten, schätzte ich unsere Tiefe auf wohl achtzig bis einhundert Vat. Unser Senkblei, daß wir von dort aus hinunterließen stieß einige Male deutlich auf Widerstand, doch schließlich konnten wir alle 400 Vat des Seiles abwickeln, ohne daß es ganz Steckengeblieben wäre. Je tiefer man kommt, desto dünner scheint das Geflecht wieder zu werden. Wir vermuten, daß es sogar regelrechte Höhlen gibt, also große Räume, frei von Stämmen.
Eine Schätzung abzugeben, wie tief nun das Geflecht ist, ist mir unmöglich. In Anbetracht der Tatsache, daß das Tal von Haccuya ohnehin schon sehr tief liegt (nach den Berechnungen von Unija Neccani Chraniac bereits unter dem Meeresspiegel), so dürfte sich das Haccuya-Tal ohne das Geflecht vielleicht bis zu tausend Vat in die Tiefe reichen.
Die Bestätigung der Gerüchte, daß dort unten noch ein Volk von Menschen leben soll, konnten wir nicht erbringen, derartige Behauptungen allerdings auch nicht widerlegen."
— Expeditionsbericht der Reyuna Tivar Akkrijel vom Tempel der Arivara in Chiàn, 191 der Allianz



"Aber wenn ich es euch sage, es gibt sie, die Haccuyas. Wild sehen sie aus, mit Moos und Pilzen auf ihrem Kopf statt Haaren. Lange, spitze Finger haben sie, ganz grüne Haut, vielleicht auch von Moos bewachsen, es war ja so dunkel. Ganz sicher liefen sie auf den rutschigsten Baumstämmen, ja sie wohnten sogar auf ihnen. Ich habe eines von ihren Behausungen gesehen. Große Häute irgendwelcher Tiere haben sie zwischen den Stämmen aufgespannt und darin gelebt. Ich habe mit einer alten, greisen Chirà gesprochen, die schon lange bei ihnen lebt und es vor Jahren zu ihnen verschlagen hat. Sie hat erzählt, ganz tief unten im Geflecht gebe es einen Zugang zu einer anderen Welt. Ganz anders, als das Geflecht, viel wunderlicher. Keine Bäume, sondern aus Waffenstahl oder so etwas ähnlichem. Sie sprach auch von der Zwischenwelt. Stellt Euch vor, wenn es dort tatsächlich ein Schattentor in die Zwischenwelt gäbe, dann..."
— Erzählung der Matrosin Rea Siebenfinger auf der "Essora", einem Handelsschiff aus Rash-Magapur

Amesay

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Siedlung

  • Einwohner: 200 (zu gleichen Teilen Chirà, Sragon und Menschen, 10% Unuim)
  • Herrschaft: keine, jedoch gibt es Versammlungen für wichtige Entscheidungen
  • Tempel: Jhoulana, Schreine von Vesana, Mra-Aggar, Mehdora, Kelida
  • Stimmung: Rabennest über dem Dschungel, verrohte Sitten, aber ein recht sicherer Hafen. Schräge Typen, teilweise durchs Glücksspiel ruiniert.
  • Lage:

Amesay ist ein politisch unabhängiges Dorf, das auf einer der Knotenpunktplattformen Richtung des westlichen Endes der Brücke, fast 100 Vat über dem Boden des Dschungels liegt. Die Plattform bietet an einigen Stellen eine Breite bis zu 130 Vat, so daß das Dorf über eine erstaunlich große Ausdehnung verfügt.

Insgesamt ist Amesay zwar ein willkommener Punkt zum Nächtigen für die vielen, vielen Reisenden auf der Brücke, doch wohnlich ist dieses Dorf nicht gerade zu nennen. Richtig bekannt wurde Amesay durch die sich wie Kanin-Chons vermehrenden Glücksspiel-Etablissements, die mit gutem Erfolg zahlreichen Händlern ihren erwirtschafteten Gewinn zu schmälern versuchen.

Evalas

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Siedlung

  • Einwohner: 320 (größtenteils Chirà und zahlreiche Sragonsoldaten, auch Unuim-Händler)
  • Herrschaft: Kommandant der Zollbehörde
  • Tempel: Hostinos, Mra-Aggar (stellvertretend für den gesamten Neuen Kult)
  • Stimmung: Akkurat und sauber herausgeputzt ist es gut geeignet, um Charaktere schonend mit der chiranischen Bürokratie bekannt zu machen, etwas teuer, aber hervorragende Möglichkeit, sich auszurüsten, da immer noch billiger als in der Hauptstadt.
  • Lage:

Wie auch Amesay wurde Evalas auf einer Abzweigungsplattform der Brücke gebaut. Evalas dient der Allianz als Zollpunkt für den Strom an Waren, der über die Brücke verläuft, schließlich kann die Siedlung aufgrund ihrer Lage nicht umgangen werden. Und wie überall, wo Händler und Reisende länger aufgehalten werden, finden sich auch findige Wirts- und Spielleute ein, die für die Unterhaltung und Unterkunft der Reisenden sorgen. So ist Evalas zu einer kleinen aber sehr beachtlichen Siedlung geworden. Anders als das gröbere Amesay jedoch wird Evalas von der Allianz in einem erstklassigen Zustand gehalten. Die Häuser sind regelrechte Turmbauten, die jeden Tevat Fläche auf der Plattform ausnutzen. Ein akkurater Palisadenzaun wurde rund um die Station errichtet und die Versorgung mit Gütern ist ebenfalls vorbildlich. Wäre Wohnraum nicht so außerordentlich knapp, würde die Einwohnerzahl mit Sicherheit bald nach oben schnellen.

Shagad

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  • Einwohner: 240 (größtenteils Menschen, überraschend viele Sragon und viele Mischlinge)
  • Herrschaft: keine
  • Tempel: Vanor-, Mehdoraschrein
  • Stimmung: kleiner Fischerort, gut für kleinere Abenteuer im typischen Dorf aber doch in der Nähe einer größeren Stadt. Wenn halt mal keine Stadtwache da ist, um einen Schurken zur Strecke zu bringen oder die Einwohner vor einer Bande oder Dschungelkreatur zu schützen...

Eine kleine Ansiedlung am Ufer des Großen Stroms, unweit von Gilgat, jedoch politisch unabhängig. Hier wohnen einige Schiffer, die nicht die hohen Hafengebühren von Gilgat bezahlen wollen. Der Ort ist nicht gerade einladend, aber ruhig gelegen. Einzig als Startpunkt kleinerer Expeditionen in den Dschungel und als Holzproduzent kann sich Shagad einer gewissen Bekanntschaft erfreuen. Es gibt eine Fährverbindung zur Dschungelstraße nahe Gilgat.