Jewaka

Aus der "Cheleta jì vuela" des Naturforschers Kenan ap Lhazar

Der Jewaka gehört zur Familie der Kleinbären. Sein Leib ist schlank gebaut, der Kopf hinten etwas verbreitert, die Schnauze kurz, die großen Augen liegen nahe beieinander, die leicht abgerundeten Ohren ganz an den Kopfseiten; die Beine sind verhältnismäßig kurz und dünn; die nacktsohligen Füße haben mittellange, schlanke Zehen und mäßig starke, seitlich zusammengedrückte Nägel. Der Schwanz ist ebenfalls kurz, der Pelz lang- und dichthaarig.Der Jewaka erreicht bei etwa 40 Clat Leibeslänge und höchstens 5 Clat Schwanzlänge bis zu 20 Clat Höhe am Widerriste. Der Pelz ist gelblichbraun, schwarz gemischt. Die Heimat des Jewakas ist das östliche Vobra und das gesamte Elùriya. Heutigentags ist er in den bewohnteren Gebieten infolge der unaufhörlichen Nachstellungen, die er ob seines beliebten Pelzes erleiden muß, weit seltener geworden, als er es früher war. Im Inneren des Landes, namentlich in den dichten Dschungelgebieten östlich von Estichà, findet er sich noch in Menge.

In der Regel pflegt er seine Jagden erst mit Einbruch der Dämmerung zu beginnen und den hellen Sonnentag in hohlen Bäumen oder auf dichten, belaubten Baumästen zu verschlafen; wo er aber ganz ungestört ist, hat er eigentlich keine besondere Zeit zur Jagd, sondern lustwandelt ebenso bei Tage wie bei Nacht durch sein weites Gebiet. Er ist ein munterer Bursche, der durch große Regsamkeit und Beweglichkeit sehr erfreut. Bei gleichgültigem Dahinschlendern senkt er den Kopf, wölbt den Rücken und schleicht schiefen Ganges ziemlich langsam seines Weges fort; sowie er jedoch eine der Anteilnahme würdige Entdeckung macht, z.B. eine Fährte auffindet oder ein argloses Tierchen gewahrt, verändert sich sein Wesen gänzlich. Die breiten Lauscher werden gespitzt, er stellt sich spähend auf die Hinterbeine und hüpft und läuft nun leicht und behende weiter oder klettert mit einer Geschicklichkeit, die man schwerlich vermutet hätte, nicht bloß an schiefen oder stehenden Stämmen hinan, sondern auch auf waagerechten Zweigen fort. Oft sieht man ihn wie einen Affen mit gänzlich nach unten hängendem Leibe rasch an Zweigen fortlaufen, oft mit unfehlbarer Sicherheit von einem Aste zum nächsten ausführen, die eine nicht gewöhnliche Meisterschaft im Klettern bekunden. Auch auf dem Boden ist der Jewaka vollkommen heimisch und weiß sich durch satzweise Sprünge, bei denen er auf alle vier Pfoten zugleich tritt, schnell genug fortzubewegen.

In seinem geistigen Wesen hat er etwas Affenartiges. Er ist heiter, munter, neugierig, neckisch und zu lustigen Streichen aller Art geneigt, aber auch mutig, wenn es sein muß; und beim Beschleichen seiner Beute listig wie ein Maikong. Mit seinesgleichen verträgt er sich ausgezeichnet und spielt selbst im Alter noch stundenlang mit anderen Gesinnungsgenossen oder, in der Gefangenschaft beispielsweise, mit jedem Tiere, das sich überhaupt zum Spielen mit ihm einläßt.

Der Jewaka frißt alles, was genießbar ist, scheint aber ein Leckermaul zu sein, das sich, wenn es nur angeht, immer die besten Bissen auszusuchen weiß. Obst aller Art, Beeren, wilde Trauben liefern ihm schätzbare Nahrungsmittel; aber er stellt auch Vögeln und ihren Nestern nach, weiß listig einen Pergolin zu beschleichen, versteht es meisterhaft, selbst das verborgenste Nest aufzuspüren, und labt sich dann an den Eiern, die er erstaunlich geschickt zu öffnen und zu leeren weiß, ohne daß irgendetwas von dem Inhalte verloren geht. Selbst die Gewässer müssen ihm Tribut zollen. Gewandt fängt er Fische, Krebse oder Schaltiere. Auch die dicken Larven mancher Käfer scheinen wahre Leckerbissen für ihn zu sein. Übrigens geht er bloß bei gutem Wetter auf Nahrungserwerb aus; wenn es stürmt und regnet, liegt er oft mehrere Tage lang ganz ruhig in seinem geschützten Lager, ohne nur das geringste zu verzehren.

Ein jung eingefangener Jewaka wird gewöhnlich sehr bald und in hohem Grade zahm. Seine Zutraulichkeit, Heiterkeit, die ihm eigene Unruhe, die niemals endende Lust an der Bewegung sowie sein komisches, affenartiges Wesen machen ihn beliebt. In den zahlreichen Mußestunden, welche jeder gefangene Jewaka hat, treibt er tausenderlei Dinge, um sich die Langeweile zu verscheuchen. Bald sitzt er aufrecht in einem einsamen Winkel und ist mit dem ernsthaftesten Gesichtsausdrucke beschäftigt, sich einen Grashalm um die Nase zu binden, bald spielt er nachdenklich mit den Zehen seines Hinterfußes. Ein anderes Mal liegt er auf dem Rücken, hat sich einen ganzen Haufen Heu oder dürre Blätter auf den Bauch gelegt und versucht nun, diese lockere Masse niederzuschnüren, indem er die Hinterbeine mit den Vorderbeinen darüberzieht. Kann er zum Mauerwerk gelangen, so kratzt er mit seinen kräftigen Nägeln den Mörtel aus den Fugen und richtet in kurzer Zeit unglaubliche Verwüstung an.

Harte Behandlung fürchtet der Jewaka sehr. Wird ihm von fremden Leuten Leid zugefügt, so sucht er sich bei vorkommender Gelegenheit zu rächen.

Der abgebildete Jewaka ist im Besitz der Bürgers Jubzub Ainbir. In der freien Wildbahn haben Jewakas keine Schleife ihm Haar, obwohl manche von ihnen sicher dankbar dafür wären, wenn ihnen das lange Haar ihres Hauptes nicht ständig in den Augen hinge.