Schon sehr lange bereist das Volk der Unuim die Welt mit seinen Luftschiffen. Die ersten Schiffe der Urväter waren nur ganz kleine Ballons mit einer winzigen Gondel, die kaum einen der kleinen Leute und ein wenig Proviant tragen konnten. So winzige Schiffe gibt es heute nur noch wenige, die meisten sind ungleich größer. Die größten Schiffe heute haben Gondeln, die fast so groß sind wie ein Schiffsrumpf mit einem Laderaum von über 150 Tetevat und können gut 1000 Paccra Ladung (reine Zuladung) transportieren. Bekanntlich bilden die Unuim drei große Völker: die Kinder von Unua, die Sanikani und die Voiska. Luftschiffer sind aber grundsätzlich nur die Sanikani, eine recht kleine Gruppe von nicht mehr als eintausend Köpfen. Sie stellen die besten Piloten, ihnen gehören fast alle Luftschiffe. Die Sanikani leben nicht im Ravunua, dem Heimatgebirge der Unuim, sondern in zwei der Tarrocsha, der Türme aus Stahl, die sich unweit von Ravunua aus dem dampfenden Dickicht des Dschungels erheben. Über den Schwaden des Regenwaldes und den Schreien des giftigen Getiers dort unten herrscht in den oberen Etagen der Türme grenzenlose Freiheit. Zahllose Plattformen und Balkone wölben sich aus den Türmen hervor, von denen man einen atemberaubenden Blick über das ganze Land hat. Teilweise sind die Balkone nur so klein, dass nur ein einzelner auf ihnen stehen kann, teilweise aber auch so groß, dass ganze Parks und Gärten in ihnen Platz haben. Die beiden Türme sind mit einer Plattform verbunden, auf der die Luftschiffe der Sanikani landen können. Von Osten her haben die Baumeister den Rand der Plattform so abgeformt, dass sich der Wind stufenförmig abschwächt und
so die Landung ohne übermäßige Gefahr erlaubt. Das ist bislang auch der einzige offizielle Landeplatz für Luftschiffe, allein Estichà bemüht sich jüngst um den Bau einer Landeplattform, doch es sicher noch viele Jahre in Anspruch nehmen, bis erste Resultate zu erwarten sind...
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Eine Schiffsbauwerft gibt es natürlich nur bei den Sanikani und auch in der Tat nur eine einzige Werft neben einigen bloßen „Reparaturhöfen“ am Rande der Plattform, in denen nur kleinere Reparaturen und Umbauten an Gondel und Antrieb durchgeführt werden, keinesfalls aber Schiffe von Beginn an gebaut werden können. Das liegt allein daran, dass der Bau der Luftschiffe seit ihren Ursprüngen fest in den Händen der Priesterschaft des Sanikas, des Gottes der Winde ist. Nur in den Reparaturhöfen arbeiten auch Nichtpriester am Ausbau der Gondeln oder der Takelung der Segel. Offiziell erklärt sich das daraus, dass die Fliegerei als göttliches Geschenk an die Unuim angesehen wird und dass die Priesterschaft daher auch bestimmen kann, wer des Besitzes eines solch göttlichen Geschenkes wie eines eigenen Luftschiffes würdig ist. Es ist alles andere als einfach, ein Schiff von den Priestern gebaut zu bekommen, daher sind die vorhandenen Schiffe meist Erbstücke, die sorgsam gepflegt von Generation zu Generation in den Familien weitergegeben werden. Nie etwa würde ein noch so gieriger Unuim sein Schiff an einen anderen Unuim und natürlich erst recht nicht an Angehörige anderer Rassen verkaufen. Strenge Rituale sind von Anwärtern auf ein neues Schiff zu durchlaufen, schwere Prüfungen erwarten sie und harte Opfer werden erwartet. Auch beachtliche Spenden an den Tempel sind zu erbringen, um Sanikas gnädig zu stimmen und ihn dazu zu bringen, in das kraftlose Schiff mit seinem leeren Ballon am Tage des Stapellaufs seinen „Odem“ einzuhauchen. Nicht zuletzt deswegen werden nur sehr wenige Schiffe pro Jahr gebaut.
Die Luftfahrt wird wie gesagt als göttliches Wunder erklärt. „Sanikas Odem“ soll die Schiffe zum Fliegen bringen und „heilige Feuer“ helfen den Piloten bei der Steuerung der Schiffe. Die Piloten sind auch alle tief religiös und verehren Sanikas fanatisch. Das wiederum hilft den Priestern auch gut bei der Kontrolle über Schiffe und Technik. Eine derart „mystische“ Erklärung ist natürlich nicht der wahre Grund, weshalb die Luftschiffe fliegen. Ihren Auftrieb erhalten die Schiffe nicht durch einen „Odem“, sondern primär schlicht durch Helium. Irgendwo in oder wahrscheinlicher unter den Türmen der
Sanikani findet sich ein alter Fusionsreaktor, aus dem die technisch höchst versierten Hohepriester des Helium abzapfen und als „Sanikas Odem“ anpreisen. Technisch funktioniert das Fliegen dann wie folgt: die Atmosphäre innerhalb der Röhre wird nach oben hin dünner. Das Gas im Schiff ist nahe dem Boden leichter als die umgebende Luft, so dass die Schiffe aufsteigen können. Wird die Luft nach oben hin dünner, ist irgendwann das Gas im Ballon genauso schwer wie die umgebende Luft. Dann steigen die Schiffe nicht mehr weiter nach oben. Das hat zugleich zur Folge, dass ein Luftschiff umso höher fliegt, desto weniger beladen es ist, während ein bis zur Oberkante mit Erzen vollgestopftes Schiff sich bereits Gedanken um den nächsten größeren Hügel machen muß! Doch das alles ist noch nicht der Weisheit letzter Schluß, denn leider sind die Türme die einzige bekannte Stelle, an der Helium in die Schiffe abgefüllt werden kann und diese schließlich zum Fliegen bringt. Wenn die Schiffe zum Landen und zur genauen Höhensteuerung Gas ablassen müßten, wäre eine geordnete Luftfahrt nicht möglich. Zudem wird der oben angesprochene Auftrieb auch grundsätzlich nicht plötzlich weniger, d.h. theoretisch bleibt ein Schiff solange in der Luft, bis die Hülle undicht wird. Ein Regulieren des Höhenflugs - etwa 100 Vat näher zur Erde, um der Bäuerin in den Ausschnitt zu gucken - wäre auch nicht möglich. Aber auch hier wurde eine Lösung gefunden: die Schiffe haben einen Mischauftrieb: das Helium läßt ein Schiff grundsätzlich aufsteigen, doch wird der Auftrieb ergänzt durch ein Heißluftballonelement. Dann bleibt der Höhenflug besser regulierbar. Ein Heißluftballon muß aber auch befeuert werden. Hier kommt das „heilige Feuer“ ins Spiel. In den Gondeln befinden sich Altäre für Sanikas, in denen ein braunes Salz verbrannt werden kann als „heiliges Feuer.“ Verbrannt wird dort nichts anderes als in den Tempeln gegen teure Opfergaben erworbenes Silicium, welches in gemahlenem Zustand (brauner Feststoff) wunderbar mit dem in der Luft enthaltenen Stickstoff brennt. Silicium brennt erst, wenn es gemahlen ist und ist daher problemlos transportabel. Gemahlen verhält es sich dann aber wie Knallgas! Bei der Verbrennung entsteht als „Abfallprodukt“ Quarz, welches die Unuim den Priestern zurückgeben. Diese können dann in den Türmen mit der Energie aus den tiefen der Tarrocsha aus dem Quarz wieder reines Silicium machen, was aber nur den Hohepriestern bekannt ist. Die Piloten empfinden das Feuer allein als Opfer für ihren Gott, der ihnen beim Flug der Schiffe hilft.
Der Mischauftrieb führt konstruktiv dazu, dass die Zeppeline rechts und links in der Hülle große „Beutel“ mit Helium besitzen und in der Mitte einen luftgefüllten Ballon zum Erhitzen. Der „Altar“ in der Gondel fungiert mit dem Silicium als Brenner. Die Hülle des Ballons ist aus einem seltsamen schwarzen Kunststoff, hochfest und reißsicher. Gerüchte, dass die Hülle so fest sei, dass man sie nicht mit Pfeilen versehren könne, sind ins Reich der Legende zu verweisen. Nichtsdestotrotz ist das Material stabil und vor allem - um Heliumverlust zu verhindern - auch absolut dicht. Nur die Priester verstehen sich auf die Verarbeitung des Kunststoffes. Unterwegs haben die Piloten aber stets ein Paket mit einigen Flicken und Leim dabei, um eventuelle Löcher ausbessern zu können. Auch hier wird das Ganze als Geschenk des Gottes getarnt und ist nur gegen Opfergaben im Tempel zu bekommen. Ein seltsames Ritual verbindet sich mit dem Flickzeug, so muß etwa der Zwei-Komponentenkleber unter „mystischen Gesängen“ angerührt werden und bestimmte Bewegungsvorgänge sind vorgeschrieben, mit denen die Hülle versiegelt und der „Odem Sanikas‘ eingefangen“ werden kann. Religion ist eben auch das Opium der Luftschiffer und auch wenn schlaue Köpfe bislang mißtrauisch werden und eine einfachere Erklärung vermuten, würde doch niemand die Thesen der in der Luftfahrt übermächtigen Priester offen anzweifeln. Und abergläubisch sind diese Unuim alle und niemand würde es wagen, Sanikas zu erzürnen. Man weiß ja nie, vielleicht haben die Priester ja doch recht...
Für das Landen der Schiffe ist der Mischauftrieb allein in der Regel aber nicht ganz hinreichend. Zwar können die Luftschiffe die warme Luft ablassen, doch bei nicht allzu schwerer Zuladung wird dies allein nicht ausreichen, um das Schiff zum Landen zu bringen. Daher werfen die Unuim Anker aus, die sich am Grund verhaken. Dann ziehen sie die Schiffe mit Winden weiter nach unten und vertäuen sie fest am Boden. In Estichà plant man zur Erleichterung dieses Vorgangs technische Vorrichtungen mit großen Gegengewichten, während die den Himmel entgegen stürmenden Kristalltürme der Allianz mittlerweile die Flughöhe der Unuimschiffe erreicht haben...
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Der Antrieb der Schiffe erfolgt hauptsächlich durch Wind und Segel an den Seiten der Gondel und die Steuerung durch geschickte Takelung und/oder große fächerförmige Ruder am Heck der Zeppeline, die mit kleinen Winden und Feststellhaken zu steuern sind. Die Steuerung ist nicht einfach, zumal die Mannschaften sehr klein sind - oft nur ein Unuim allein! Ein guter Kapitän eines Luftschiffes zu werden, bedarf daher einer langen Ausbildung. Der Wind strömt normalerweise aufgrund des Lüftungssystems in einer vorherrschenden Richtung, von Ost nach West. Einmal im Jahr, zu einem Zeitpunkt der nie genau vorauszubestimmen ist (meist jedoch im Frühjahr) wechselt der Wind seine Richtung. Dem geht stets eine wenige Tage dauernde Flaute voraus, dann kommt der für Luftschiffe oft tödliche „Große Sturm“. Zwar gibt es damit eine vorherrschende Strömung, aber lokale geographische Gegebenheiten (Berge, Seen, Dschungel, etc...) beeinflussen das lokale Klima doch insoweit, dass es Strömungen in Gegenrichtung oder sonstwohin gibt. Somit sorgen diese lokalen Besonderheiten letztlich für ein gemischtes Windsystem. Je nach vorherrschender Richtung kristallisieren sich aber zumindest bevorzugte Reiserouten heraus, die den Kapitänen der Unuim auch zumeist gut bekannt sind. Eventuell fliegt man z.B. am großen Strom entlang nach Osten und dann „obenrum“ über den weiten unbekannten Dschungel zurück nach Westen. Das macht natürlich Transporte von der Allianz nach z.B. Ashrabad zu Luft teuer, weil man endlose Umwege fliegen muß und zudem gibt es ständige Schwankungen, so dass man oft auch mal ein paar Tage Gegenwind abwarten muß oder abgetrieben wird. Am großen Fluß oder an den Kanälen der Allianz bietet sich auch für Luftschiffe streckenweise die Möglichkeit, sich auf den Treidelpfaden schleppen zu lassen. Zwei Karkechs unten auf dem Boden mit dem Schiff verbunden oder eine Galeere als Schlepper können ein Luftschiff einen guten Weg auch gegen den Wind ziehen. Das ist aber natürlich quälend langsam und eine Schande für jeden guten Unuim, der von Sanikas‘ günstigen Winden verlassen wurde. Aber Zeit ist bekanntlich auch Geld! Daneben gibt es in den Schiffen am Heck stets einen großen schwenkbaren Propeller, der entweder von den Unuim selbst mit Pedalen oder aber von Mofots angetrieben werden können. Dieser dient der Steuerung wie auch der Fortbewegung bei Windstille.
Grundsätzlich gibt es drei Klassen von Luftschiffen, von denen die größte jedoch kaum im Westen anzutreffen ist. Die Geschwindigkeit wurde der Einfachheit halber für alle Luftschiffe mit 100 Yevan pro Jhane (ca. 70 km/h) festgesetzt. In der Praxis können die größeren Schiffe auch etwas langsamer sein.
Luftschiff Groß
Länge: 150 Vat
Durchmesser 25 Vat
Last 10 (5000 Paccra)
Luftschiff Mittel
Länge: 75 Vat
Durchmesser 15 Vat
Last 3 (1500 Paccra)
Luftschiff Klein
Länge: 50 Vat
Durchmesser 10 Vat
Last 1 (500 Paccra)
Ein Luftschiff zu kapern kommt für einen Unuim, vor allem einen Sanikani, nicht in Frage. Sie kennen sich alle viel zu gut und es würde sofort auffallen, spätestens, wenn er in die Heimat zurückfliegt. "Du, das ist doch das Luftschiff von..." Ein Pirat würde mit seinem erbeuteten Luftschiff nicht glücklich werden, dafür kennt man sich unter den Luftschiffern zu gut und kein echter Unuim würde ihm mehr helfen, ja ihn sogar ächten.
Abstürze von Luftschiffen kommen vor und sind für den Unuim eine tragische Angelegenheit. Das Wertvollste an Bord wird (wenn es keine besondere Ladung gibt) auf jeden Fall das treue Mofot sein und das Sanikas-Salz. Ansonsten die persönlichen Habseligkeiten, vieles ist einfach zu schwer zu transportieren, sofern es nicht an einer gut zugänglichen Stelle abgestürzt ist. Direkt vor einer Stadt oder auf einer Ackerfläche würde der Unuim versuchen, alles zu bergen, indem er die Bauern für den Transport des Wracks bezahlt. In einer Werkstatt kann man - je nach Beschädigung - sicherlich viel wiederverwenden oder gar reparieren.
Eine besondere Herausforderung stellt natürlich das Besorgen des Gases dar, gleich, ob man sich ein neues Luftschiff gebaut hat oder das alte Auffüllen muss. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Man lässt sich das Gas von anderen Sanikani liefern. Das ist ein langwieriger Prozess, da immer nur kleine Mengen gleichzeitig transportiert werden können, aber im Prinzip geht das.
- Man geht in eine Stadt mit einem großen Sanikas-Tempel, der unter Umständen über die Möglichkeit verfügt, den Zeppelin zu befüllen.
- Man baut den Rumpf fertig und lässt ihn von anderen Luftschiffen (oft sind zwei oder drei nötig, die gleichzeitig den Rumpf verfrachten) zu den Tarrocsha transportieren.