Region
Der Name Atorac leitet sich vom Chirjeya-Wort für Sand („Atora“) ab.
Über 4 bis 6 Evet (ca. 20 bis 30 km) breit ist das Land von einer dicken Schicht totem, grauem, manchmal aber auch fahl gelbem oder blaß rotem Sand bedeckt. Dies ist aber auch schon alles, was der gelehrten Öffentlichkeit Mradoshans über das 'Rojula jì atora echotalan', kurz Atorac bekannt ist.
Darf man ältesten Berichten glauben schenken, die uns noch aus der Zeit Lajeyas überliefert sind, so darf man annehmen, daß das Atorac doch nicht ganz so leblos ist, wie es in den Tempeln des Hostinos gelehrt wird. In den Dünen, stets von einem kräftigen, gleichmäßigen Wind überstrichen scheint es geschützte Plätze in Erhebungen aus Felsgestein oder im Schatten aufragender Klippen zu geben. Dort leben wohl auch einige Tiere, die sich gänzlich von dem unterscheiden, was wir bisher aus den Dschungeln Mradoshans kennen.
Ja fast, so scheint es, ist das Atorac kein Teil Chrestonims, sondern einer anderen Welt.
Region
Wenn das Wetter nicht allzu schlecht ist und zu Beginn der Regenzeit den Staub des Atorac nicht in die Höhe wirbelt, dann ist es sogar vom Hochplateau der Hauptstadt der Allianz zu sehen: das Ende der Welt.
Als eine titanische Mauer, ein eherner Wall, eine Wand, die sich so weit in den Himmel erhebt, daß mit dem Auge kein Ende zu erkennen ist - so stellt es sich dem vor Ehrfurcht erstarrenden Betrachter dar. Das von den Priestern des Jhoran unerbittlich abgeschirmte Atorac hält jegliche Abenteurer und Gelehrten fern und so ist über das Weltenende nur wenig bekannt. Das Fernrohr offenbart jedoch, daß die Oberfläche des Weltenendes nicht glatt ist, sondern Vertiefungen und Spalte aufweist, aus ihm herausragende Körper, manche matt schimmernd, andere in der Sonne gleißend. Schwache, nur selten zu sehende Lichter tanzen des Nachts vor (oder auf?) der Wand, vollführen Kreisbewegungen oder folgen geraden Bahnen, ziehen gemächlich vor der gigantischen Fläche vorbei oder huschen in einer Geschwindigkeit über sie, daß man ihnen kaum mit dem Blick zu folgen vermag und schnell ihre Spur verliert. Nur wenige haben ihn aus der Nähe gesehen und vermochten noch Gelehrten davon zu berichten, werden sie doch von den Priestern des Jhoran und des Hostinos schnell in Klöster zu ihrer geistigen Genesung geführt und bleiben den Rest ihres Lebens in der fürsorglichen Obhut dieser ehrwürdigen Glaubensgemeinschaften.
Auf ihren Erzählungen stützen sich auch ein Großteil der hier gemachten Aussagen über den äußersten Osten Chrestonims. Ein beunruhigendes, leichtes Vibrieren sei hier und dort zu spüren, komme man dem Ende der Welt nahe. Reißende Winde wechselten sich mit Augenblicken vollkommener Stille ab, ein Heulen und Kreischen dringe mancherorts aus der schier endlosen Wand, die nach Ansicht der Gelehrten das Himmelsgewölbe trägt. Rätselhaft ist und bleibt das Ende der Welt.
Ort
Und als sei der Weltenwall an sich nicht schon Schutz genug, so hat die Flammende Wand das Atorac schließlich für immer versiegelt. So ist dieses offensichtlichste aller Wunder des Hostinos und seines Sohnes Jhoran kaum zu sehen, steht man vor dem Weltenwall. Doch nimmt man einen Stein in die Hand und wirft ihn in hohem Bogen über den Wall, so prallt er an einer Wand ab, die zuvor höchstens als leichtes Flimmern zu erkennen war, nun jedoch an der Stelle, wo der Stein auf sie prallte in hellen Flammen lodert, die erst nach einigen Herzschlägen wieder verlöschen. Man sah schon Vögel, die darin verbrannten und gar ein unvorsichtiger Unuim- Luftschiffer fand in der Flammenden Wand den Tod.
Kleinstobjekte scheinen jedoch passieren zu können, denn der Wind kann ungehindert hindurchstreichen und trägt mit sich feine Sandkörner, die bis vor den Weltenwall geweht werden. Die Wand erhebt sich knapp hinter dem Scheitelpunkt des Weltenwalles und ragt bis in unbekannte Höhen. Auch dieses Wunder des Hostinos scheint sich viele Evet nach Nord und Süd zu erstrecken, immer dem Weltenwall folgend.
Die Flammende Wand erschien im Vergleich zur Existenz des Weltenwalls erst in der jüngsten Vergangenheit:
Als im Jahre 633 v.A. der Hostinos-Tempel am Weltenwall endgültig seinem göttlichen Sohn Jhoran geweiht wurde, schoß den Aufzeichnungen nach die Flammende Wand in einer gewaltigen Feuerkaskade in die Höhe und versiegelte so das Land des Ewigen Staubes.
Ort
„So setzte Jhoran im Namen von Hostinos den Weltenwall zwischen das Land des Todes und das Land des Lebens, ganz so, wie Lajeya es eintausend Jahre früher prophezeit hatte. Und hat sie nicht auch prophezeit, daß der Weltenwall glatt und makellos sein wird? Und siehe: der Wall ist glatt und makellos und Jhoran hat ihn vollendet in seiner Herrlichkeit.“
— Text aus einem Gebetbuch des Jhorankultes aus Jhorantarra
Der Weltenwall ist eine leicht abgeschrägte Mauer von gut 30 Vat Höhe. Doch ist es keine Mauer aus Stein und zeigt auch keine Spuren von Mörtel, oder Bearbeitung durch Steinmetze oder Schmiede, sondern sie besteht aus einem vollkommen glatten, kalten, schwarzen, jedoch offensichtlich nicht metallischen Stoff, ähnlich den Portalen mancher Hostinos-Tempel. Obwohl er keinen rechten Winkel mit dem Boden einschließt, sondern leicht nach hinten geneigt ist, bietet das Material keinem Haken, keinem Steigeisen, keinem Staub noch Schlamm noch Leim halt, da doch alles an ihm abperlt. Auch vermag niemand, einen Kratzer oder eine Delle in ihn hinein zu schlagen.
So steht der Wall nun schon seit über 2.700 Jahren zwischen der Welt und dem Atorac. So wie es scheint, wurde er in der Tat erbaut, denn zu Zeiten der Heiligen Lajeya schien er noch nicht existiert zu haben, sie erwähnt ihn aber unmißverständlich in einer ihrer Prophezeiungen. Sagen berichten, Hostinos selbst habe seinen göttlichen Heerscharen die Errichtung befohlen. In der Tat vollbringt auch heute kein Volk Chrestonims, ein solches Bauwerk zu erschaffen.
Ein zweite erstaunliche Tatsache macht den Wall zu einem wahrhaftigen Wunder Hostinos'. Er scheint kein Ende zu kennen, denn allen Berichten zufolge, die uns aus Rac und von südlich der Allianz erreichen zieht sich der Weltenwall ohne erkennbares Ende weiter nach Süd und Ost, womöglich - so wie Lajeya es voraussagte - einmal rund um die Welt.
Tempelstadt
Seit jenem Wunder im Jahre 633 v.A. entstand rund um den Tempel des Jhoran die Tempelstadt Jhorantarra. Der Haupttempel, der auch das geistige Zentrum des chrestonischen Jhorankultes darstellt, ist in den Weltenwall hineingebaut. Die Tempelstadt, die sich sowohl diesseits wie auch jenseits des Weltenwalls ausbreitet und sich in ihrer Mitte wie eine Sanduhr im Nadelöhr des Haupttempels verengt, bietet einen schauerlichen Anblick: ganz aus schwarzem Gestein erbaut sind weite Teile der Tempelstadt nur hohen Priestern des Jhorankultes zugänglich. Hohe Türme, die sich nach oben wie ein Löffel auseinanderwölben, durchzogen von schrägen Fensterreihen oder kreisrunden Öffnungen, mächtige Kuppeln, die in ihrer Mitte gespalten sind und weite Brücken, die hochgelegene Dächer miteinander verbinden ohne erkennbaren Sinn. Warum der ohnehin unheimliche und verschlossene Kult des Jhoran solch eine Anlage unterhält, mag allein der Gott des Unerklärlichen selbst wissen.